Mittwoch, 4. Dezember 2013

Stress-Prävention: Berufsverbände schlagen Alarm

Artikel link: Report.at
geschrieben von Mag. Angela Heissenberger


Im neuen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz sind Arbeitspsychologen als Präventivkraft nicht vorgesehen.
Die psychischen Belastungen in der Arbeitswelt führen aber vermehrt zu Stress und chronischer Erschöpfung.

Flexibilisierung, Rationalisierung, Zeitdruck, neue Technologien und wechselnde Organistionsstrukturen prägen den modernen Arbeitsalltag. Viele Menschen können den wachsenden Anforderungen nicht mehr standhalten: 

Psychische Erkrankungen verursachen bei erwerbstätigen Frauen bereits knapp 35 Prozent aller Frühpensionierungen, bei Männern immerhin rund 22 Prozent. 

Laut Angaben des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger hat sich die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten 20 Jahren verdreifacht. Zwischen 1995 und 2008 stiegen die psychisch bedingten Krankheitstage um 103 Prozent, diese Erkrankungen dauern mit durchschnittlich 37 Tagen auch besonders lange. 

»Wir wissen, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz steigen. Burn-out, Depression und Stress gehören heutzutage zum Arbeitsalltag in vielen Betrieben«, sagt Andrea Birbaumer, Obfrau der Gesellschaft kritischer Psychologen und Psychologinnen (GkPP)
Mit modernen Arbeitsanalyse­methoden könnten diese Belastungen frühzeitig erkannt und vermieden werden, so die Expertin.

Professionelle Begleitung

Auf gesetzlicher Ebene werden die Bedürfnisse der Arbeitnehmer bislang aber nur aus einem medizinischen, nicht aber aus einem psychologischen Blickwinkel berücksichtigt. 
Aus Anlass der bevorstehenden Novellierung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (AschG) fordern deshalb beide Interessenvertretungen – GkPP sowie der Berufsverband der Österreichischen PsychologInnen (BÖP) – in einer Petition die Verankerung von Arbeitspsychologen als dritte Präventivfachkraft.

Konkret geht es um die Aufteilung der Präventionszeiten, also jener Zeit, in der Betriebe Präventivfachkräfte beschäftigen müssen. 
Momentan sind dafür nur Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner verpflichtend vorgeschrieben. Aufgrund der zunehmenden mentalen, emotionalen und sozialen Belastungen werden aber auch die Anforderungen in der Prävention immer komplexer.
Um arbeitsbedingten Belastungen und den daraus resultierenden psychischen Erkrankungen und Unfallgefahren vorbeugen zu können, brauchen Unternehmen Ansprechpersonen, die laufend professionell beraten und begleiten.

»Das Potenzial der Arbeits- und Organisationspsychologen wird mittlerweile erkannt. Auch für die Arbeitgeber wird sichtbar, dass der Einsatz der Psychologen gewinnbringend ist und spürbar den Erfolg von Unternehmen stärken kann«, sagt Dr. Paul Jiménez, Leiter der Fachsektion Arbeits-, Wirtschafts- und Organisationspsychologie im BÖP

Dr. Paul Jiménez beim
Symposium St. Lambrecht 2013

Laut einer Studie des Institutes für Psychologie der Universität Graz erachten 70 Prozent der Firmenchefs Arbeits- und Organisationspsychologen als wichtig für die Prävention. 
Zwei Drittel betrachten sie als langfristige Lösungen und eine gute Investition in die Zukunft.

Einzelmaßnahmen reichen dafür allerdings nicht aus. Speziell auf das Unternehmen zugeschnittene Angebote berücksichtigen die Wechselwirkungen von Mensch, Arbeitsumgebung und Arbeitsbedingungen. 

Die gesetzliche Verankerung der Berufsgruppe wäre deshalb ein wichtiger Schritt, so die Experten, um die Evaluierung und Diagnostik arbeitsbedingter psychischer Belastungen künftig sicherstellen zu können.

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